S3-Leitlinie zur Sectio caesarea ist veröffentlicht
Bei der Arbeitsgemeinschaft der Wissenschaftlichen Medizinischen Fachgesellschaften e. V. (AWMF) wurde nun die erste S3-Leitlinie zum Thema Sectio caesarea veröffentlicht. Federführend wurde sie von der Deutschen Gesellschaft für Gynäkologie und Geburtshilfe (DGGG) entwickelt und gemeinsam mit den gynäkologischen Fachgesellschaften aus Österreich und der Schweiz veröffentlicht. AutorInnen und beteiligte Fachgesellschaften seitens der Berufsgruppe der Hebammen sind die Deutsche Gesellschaft für Hebammenwissenschaft (DGHWi) e.V., der Deutsche Hebammenverband (DHV) e.V. sowie der Schweizerische Hebammenverband (SHV). Schwerpunkte der Leitlinie sind Definition und Klassifikation, Aufklärung, Indikation, Zeitpunkt und Durchführung sowie erneute Schwangerschaft und Geburt nach einer Sectio.
Mit dieser Leitlinie soll Schwangeren, bei denen eine Indikation zu einer Sectio vorliegt oder die eine Sectio aus anderen Gründen erwägen, die Entscheidungsfindung erleichtert werden. Zudem soll diese Leitlinie den beteiligten Professionen evidenzbasierte Handlungsempfehlungen geben, um die Betreuung von Frauen und ihren Kindern in der Lebensphase von Schwangerschaft, Geburt, Wochenbett und früher Elternschaft zu verbessern. Zu diesen Professionen gehören vor allem Hebammen, GynäkologInnen und Geburtshelfer, Kinder- und JugendärztInnen, NeonatologInnen sowie AnästhesistInnen.
Der neuen Leitlinie mit der AWMF-Registernummer 015-084 zufolge ist es nicht unbedingt nötig, dass Kinder in einer Beckenendlage per Kaiserschnitt entbunden werden. Auch die fetale Wachstumsrestriktion und die Gemini-Schwangerschaft gelten nicht zwangsläufig als Indikationen zur Sectio. Mit einer Konsensstärke von 100 % spricht sich die Arbeitsgemeinschaft auch für frühen Hautkontakt zwischen Mutter und Kind nach einer Geburt per Sectio aus.
Die Vorgabe einer spezifischen „Sectiorate“, wie die WHO sie vorgibt, ist nicht Bestandteil dieser Leitlinie. Dies nicht zuletzt deshalb, weil derzeit aufgrund fehlender Daten zur mütterlichen und kindlichen Morbidität keine zuverlässige Aussage über eine optimale Rate getroffen werden kann. Die von der WHO im Jahr 1985 formulierte Grenze von 10 bis 15 % wurde in einem WHO-Statement im Jahr 2015 aus eben diesem Grund relativiert. Als gesichert dürfe aber die Erkenntnis gelten, dass eine Sectiorate über 15 % keinen günstigen Einfluss auf die mütterliche und neonatale Morbidität und Mortalität hätte und deshalb gut medizinisch begründet sein sollte, heißt es von der DGGG.
Quelle: Deutsche Gesellschaft für Gynäkologie und Geburtshilfe e.V., 12.6.2020 · DHZ